Dienstag, 20. September 2011

Gesichet: Bullhead


Bullhead 
OT: Rundskop 
Regie: Michael R. Roskam  
Belgien: 2011 
Laufzeit: 120 Minuten 

Start: 24. November 2011 
















Willkommen in Belgien: Wir befinden uns im knapp 6.000 Seelen Dorf Limbourg im südwestlichem Belgien, der Provinz Lüttich. Und wer glaubt hier nur verödete Landschaften und Rinder zu finden, der hat nur zum Teil recht. Regisseur Michael R. Roskam zeigt in seinem, im Panorama der Berlinale gefeiertem, Debutfilm eine groteske Tragödie im Rinderzüchter-Milieu. In „Bullhead“ geht es um fiese Fleischhändler um die allgegenwärtige Hormonmafia, um Freundschaft, Schicksal, Vergebung, Sühne und Reue. Getragen wird diese Bürde von einem Shooting-Star des flämisch-belgischen Kinos: Matthias Schoenaerts. Der spielt sich mit gesenktem Haupt und plötzlichen Aggressionsattacken in preisverdächtige Gefilde. Als wortkarger Protagonist Jacky ist Schoenaerts jedoch alles andere als ein Sympathieträger, hormonabhängig und traumatisiert, fristet er ein einsames Leben. Als ihn ein Tierarzt mit mafiösen Fleischhändlern bekannt macht, muss er sich überlegen, ob er ins große Geschäft einsteigt.

Das Belgische Hormon-Noir sudelt sich im Matsch, robbt durch miefigen Dreck und die öde Weite der flämischen Landschaft. Man riecht förmlich den Tierkot, den Atem der Rinder und den Schweiß der Hauptdarsteller, wenn sie sich mal wieder gegenseitig die Köpfe einhauen. Ja, in Belgien scheint wirklich selten die Sonne zu scheinen, noch seltener als im Deutschen Depri-Sommer von 2011. Die Einwohner Limbourgs nehmen es mit dem Licht aber auch sonst wohl auch nicht allzu eng.  Regisseur Roskam entzieht seinen Bildern jegliche Farbschemen. Sonnenstrahlen und künstliche Beleuchtung wirken als grelles, blendendes Übel, sollten sie mal auftauchen. Und doch kann da auch mal ganz plötzlich eine posende Kuh im malerischen Magenta-Rot eines Sonnenaufgangs im Wald herumstehen, auch wenn es die Sonne nie bis ganz nach Oben schaffen wird. Ganz beiläufig beschäftigt sich Regisseur Roskam mit den Konflikten zwischen Flamen und Wallonen im Land. Dabei kommen die Wallonen im Süden eindeutig besser weg: frankophil veranlagt, bauernschlau und ein bisschen tollpatschig sind sie, aber alles in allem nicht wirklich übel, kauzige Landleute eben. Wahre Drecksäcke dagegen sind die von den Wallonen gern mal faschistisch genannten Flamen: Ihnen geht es allein ums große Geld und in ihren mafiösen Strukturen ernten sie nur Verachtung. Lose basierend auf dem im Jahre 1995 niedergestreckten Veterinärinspektor Karel Van Noppen, geht es auch in "Bullhead" um den Auftragsmord der Hormongangster.



Im ganzen Film wimmelt es an deutscher Markenware. Die Belgier scheinen sich beim Autokauf auf ausschliesslich deutsche Qualitätsware spezialisiert zu haben. Nicht nur, dass in den Dialogen immer wieder die neuesten BMW-Modelle angepriesen werden, der Bedarf an deutschen Blechboliden scheint so groß zu sein, dass auch noch Mercedes mit ins Boot musste und somit eine Komplettausstattung der Dörfer gesichert ist. Wer in keinem Statussymbol durch den Matsch kutschiert wird, der ist nichts. Aus den kleinen Spielunken und Restaurants schallen deutsche Schlager und wehe dir, du betrittst eine der Dorf-Dissen. Hier legt man für 2 Wodka-Shots einfach mal 20 Euro auf den Tresen und nur mit schniekem Hemd wird Einlass gewährt, doch auch das kann mal eben für 15 Euro vom Personal gekauft werden.  

Leider schwappt aber auch ein wenig der vorgestellten Ödnis auf den Zuschauer über. Während Hollywoodfilme von Szene zu Szene und Effekt zu Effekt hetzen, schleicht Regisseur Roskam in gediegenem Erzählton mit seinem Hitzkopf Jacky von plot point zu plot zu ploint.  Dennoch schafft er es mit seinem Debutfilm einen äußerst beklemmenden Thriller in einem realistischem Milieu ab zu liefern.


Bullhead startet im November unter dem Dach der Rapid Eye Movies, die sich eigentlich einen Namen mit verlorengegangenen Kultfilmen aus dem asiatischem Raum gemacht haben und hier einen kleinen Glücksgriff hatten.  

60% 



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